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< Zurück zur ÜbersichtRussland ist der Aggressor
Wie perfide hier in manchen Leserbriefen versucht wird, den Ukraine-Krieg umzudeuten, darf nicht unwidersprochen bleiben. Da wird allen Ernstes die NATO - ein Verteidigungsbündnis von 32 (!) Staaten - in eine Traditionslinie mit Hitler und Napoleon gestellt, um eine Bedrohung Russlands herbei zu fantasieren. Keine westliche Regierung, weder in Washington, noch in Lissabon, Paris, Stockholm, Athen, Madrid oder Berlin will "nach Moskau marschieren" oder "Russland in die Knie zwingen". Im Gegenteil: Jahrzehntelang hat man sich bemüht, Russland trotz seiner zunehmend autoritären Tendenzen einzubinden, z.B. im Rahmen der OSZE und der G8. Die EU- und Nato-Beitrittskandidaten Ukraine und Georgien wurden jahrelang vertröstet, aus Rücksicht auf russische Interessen. Putin und sein Regime durften sich im Glanz der Olympischen Winterspiele 2014 und der Fussball-WM 2018 sonnen. Selbst die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim und die russischen Söldner in der Ostukraine 2014 hat der Westen noch weggelächelt. Von Aggression keine Spur, man hat bis zum Schluss versucht, Putin zu beschwichtigen, vergebens. Das Märchen von der westlichen Bedrohung Russlands ist nichts weiter als der Versuch, einen Täter zum Opfer zu machen. Den besten Beleg dafür liefern die Herren Putin, Peskow und Medwedew übrigens selbst: Sie sagen, der Westen sei dekadent, schwach und weich geworden. Aus Ihrer gewalttätigen Sicht ist das sogar richtig, denn die Gesellschaften des Westens sind zum Glück weder gewillt, noch darauf vorbereitet, einen großen Krieg zu führen. Damit wird dann aber auch klar, dass es dem Kreml in der Ukraine nicht darum geht, die starke, stolze Atommacht Russland vor dem "schwachen Westen" zu schützen - sondern darum, eine Gelegenheit zu nutzen, die wehrlose Ukraine zu einem russischen Vasallenstaat zu machen. Natürlich wünschen wir uns alle, dass dieser schreckliche Krieg schnellstmöglich endet. Ergebnis darf aber nicht sein, dass der brutale Aggressor mit seiner Kriegsbeute davonkommt, weil dann der nächste Überfall vorprogrammiert ist. Und deshalb ist es strategisch und moralisch richtig, die Ukraine so lange zu unterstützen, bis Russland seine versuchte Invasion abbricht. Damit unsere Kinder in einer friedlichen Welt aufwachsen können.
Brigitte Knoop, Rostock, 26.06.2024