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Und dann?

Europa hat gewählt, mehrheitlich zwar immer noch demokratisch und nicht rechtsextrem, aber die Extremen haben besorgniserregend erwartungsgemäß Zuwachs erhalten. Und es sind sicher nicht nur „sogenannte rechte Parteien“, sondern sogar offensichtlich rechtsextreme. Die Zeit der Fassaden ist längst passé. Man bekennt sich bereits offen. … Viele Bürger sind unzufrieden, keine Frage. Aber niemand bezeichnet sie alle als Feinde der Demokratie und Neofaschisten, außer diejenigen, die es herbeireden wollen bzw. selbst ins Spiel bringen, damit es thematisiert wird, um dann zu verbreiten, man täte das. Die sog. Nazikeule wird regelmäßig von denen ins Feld geführt, die sich darüber beklagen, als würde einer den Ball aufs Fußballfeld werfen und sich dann beschweren, wenn man mit diesem spielt. Und so ist es auch mit der Unzufriedenheit, die angeblich bewirke, dass man rechtsextrem wählen müsse. Muss man das? Ich glaube, man will es glauben machen. Der Bürger, der rechtsextrem wählt, tut das, um der Regierung einen Denkzettel zu verpassen. Früher nannte man sie Protestwähler. Es wird ihnen von der AfD eingeredet, dass sie eh nichts bewirken könnten mit ihrem Wahlzettel gegen „die da oben“ (Politikverdrossenheit), aber es wird alles daran gesetzt sie dazu zu bringen, es mit genau diesem angeblich nutzlosen Wahlzettel also in ihrem Sinne sehr wohl nützlich einzusetzen, damit der Bürger sie an die Macht hieve. Schlau gedacht! Der Bürger hat’s geschluckt. Am Ende steht er genauso da, wie sonst. Wetten? Es könnte nur passieren, dass gewisse soziale Neuregelungen, welche die Regierung durchgesetzt hatte, wieder zurückgenommen werden, weil die AfD diese abschaffen will. Es könnte nur passieren, dass Deutschland aus der EU austritt und dann wieder von vorne anfangen müsste, ohne Europa zurechtzukommen mit ähnlichen Problemen, mit denen die Briten seit dem Brexit zu kämpfen haben. Es könnte nur sein, dass begonnen wird, Millionen das Leben nach und nach zu erschweren, nur weil sie einen sog. Migrationshintergrund haben, selbst als deutscher Staatsbürger. Nordafrika als „Auffanglager“ ist ja schon im Gespräch. Es könnte ja nur sein, dass Klimapolitik wieder im altem Stile betrieben wird, d.h. sich nicht ändern soll. Es könnte sein, dass die Medien beschränkt werden - auch der Sonntagsblitz - und die Justiz auch in Deutschland ihre Unabhängigkeit verliert wie in Ungarn und anderswo. … Dann aber sollte sich niemand beschweren, wenn solches eintritt. Denn so sähe dann ja die Alternative für Deutschland aus, hoffend, dass es nicht zum Abbau von Demokratie und offener Gesellschaft hin zur Diktatur und zum Führerstaat führt, was zu befürchten ist. Aber dann will es am Ende – wieder - keiner gewesen sein. … Und die Neuwahlforderung, weil Macron leichtfertig Vabanque spielt und drauf und dran ist, Marine Le Pen damit das Feld zu überlassen, ist noch immer Wahlkampf der AfD, welche selbst die CDU unterstützt und nicht bedenkt, dass sie selber davon zumindest nichts haben wird außer eine eingerissene Brandmauer. … Die AfD will die Macht. Darum geht es ihr. Je früher, desto besser aus ihrer Sicht. Deshalb die Forderung nach Neuwahlen jetzt. Warum sollte das nicht klar sein? … Ach ja, die Politikverdrossenheit wird rasch wieder da sein oder bleiben. Der Bürger wird wieder auf „die da oben“ schimpfen. … Und dann?

Haiko Hoffmann, Schwerin, 11.06.2024

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