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Wer sich noch für Politik interessiert, hat derzeit so manches Deja-vu-Erlebnis. Wenn z.B. vor gar nicht so langer Zeit die Linke die Feststellung machte, dass zwei und zwei vier ist, erhob sich umgehend der laute Widerspruch der anderen Parteien, dass nur drei plus eins vier ergibt. Vorausgesetzt, man nahm Aussagen der Linkspartei überhaupt zur Kenntnis. Mittlerweile ist diese Art von Ausgrenzung nicht mehr nötig, denn diese Partei verfügt über die besondere Begabung, sich vor jeglichem Bedeutungszuwachs zuverlässig selbst zu zerlegen. Was sich allerdings im politischen Diskurs nicht geändert hat, ist die Beobachtung, dass das beste Argument nicht akzeptiert wird, wenn es aus der vorgeblich falschen Ecke kommt. Mit einer solchen Grundhaltung ist natürlich jeglicher sachlichen Auseinandersetzung der Boden entzogen. Diese Tendenz ist leider nicht nur in Zeiten eines harten Wahlkampfs zu erkennen, sondern sie findet ihre Widerspiegelung auch in einem Großteil der Medien. Eigentlich sollten ihre Aufgabe und Bedeutung darin bestehen, zu informieren, auch zu kritisieren, Skandale aufzudecken. Es ist keineswegs ihre Bestimmung, selbst Politik zu machen. Nicht nur WELT-BILD-Konsumenten müssten das ehrlicherweise bestätigen. Und wenn die Printmedien nun im wahrsten Sinne des Wortes unter Druck stehen, liegt das nicht allein an den hohen Preisen, sondern vor allem an einseitigen, teilweise sogar primitiven Darstellungen gemäß dem Motto: Linientreue geht vor Glaubwürdigkeit. Das schon zu Luthers Zeit gängige Sprichwort hat seine Gültigkeit keineswegs verloren: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Gleiches gilt auch für die an sich wichtigen Hauptnachrichten von ARD und ZDF. Die selbst auferlegte Kürze der Sendezeit führt unausweichlich zu einer holzschnittartigen Berichterstattung, bei der die erforderliche Ausgewogenheit auf der Strecke bleibt. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen den Politikern und Medien misstrauen und ihre Informationen anderswo suchen und auch finden. Und im Übrigen wählen sie auch entsprechend.
Rainer Sabisch, Boizenburg, 07.02.2025