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Provokation

Es war eine gespenstische Szenerie: Heute, ausgerechnet am 27.01.2020, dem Tag, an dem des 75. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedacht wird, gaben sich Menschen gegenüber der Schweriner Staatskanzlei ein denkwürdiges Stelldichein mit Plakaten, auf denen zu lesen stand: Wenn Deutschland seine Grenzen nicht sichere, dann erleben wir ein blaues Wunder. Oder es wurden Kosten aufgemacht, wie viel Geld Deutschland täglich für einen Flüchtling ausgibt. In dieser Art reihte sich Plakat an Plakat. Es gehört nicht viel dazu, den (Un)sinn dieser Botschaft zu vernehmen – ausgerechnet an dem Tag, an dem vor allen öffentlichen Gebäuden die Flaggen auf Halbmast wehten, um all der vielen Opfer zu gedenken, die zu beklagen sind aufgrund einer monströsen und einzigartigen industriemäßigen Vernichtung von Menschen in einem unvorstellbaren Ausmaß. Es ist gerade diese ungeheure Provokation, die mich sprachlos macht: An solch einem Tag äußert man unverhohlen seine Menschenfeindlichkeit. Über viele Aspekte der Integration kann, ja muss man reden und auch entsprechend handeln. Wenn z.B. viele junge Männer beisammen sind ohne jede Perspektive, kann so etwas nicht gutgehen. Das ist völlig unabhängig von Nationalität oder Herkunft. Hier wird man Veränderungen erreichen müssen. Oder dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau uneingeschränkt gilt. Wer dies sagt, darf nicht in die sogenannte ‚rechte‘ Ecke gestellt werden. Wenn nur bewusst bleibt, dass es massive ungerechte gesellschaftliche Strukturen sind, die das Elend ganzer Völker verursachen. Sie sind die Ursachen für Elend, Not und Flucht. Strukturen, von denen wir in Europa mit am meisten profitieren. Die Menschenwürde ist unteilbar, ebenso wie die Menschenrechte uneingeschränkt Geltung beanspruchen. Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung wird heute massiv bedroht: Nicht von Menschen aus anderen Ländern, sondern von ungehemmtem Profitstreben, von Hass und Hetze und von der Herabsetzung menschlicher Würde.

Rudolf Hubert, Schwerin Meckl, 27.01.2020

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