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< Zurück zur ÜbersichtMarx reicht eben nicht!
Der Autor beruft sich vielfach auf Karl Marx, um den sich in der Tat eine Auseinandersetzung auch heute noch lohnt. Marx hat ein Instrumentarium der Analyse wirtschaftlicher Verhältnisse erarbeitet, deren grundsätzliche Gültigkeit gar nicht angezweifelt zu werden braucht. Viel wichtiger ist doch die Frage, ob die Analysen von Marx dem Menschen gerecht werden (können)! Hierüber lohnt sich ein ehrlicher Streit, dessen Fairness darin besteht, auf persönliche Herabsetzung und Beleidigung zu verzichten. Der vielfachen Berufung auf das Werk von Karl Marx „das Kapital“ stelle ich die drei Bände von Eugen Drewermann gegenüber, die vor einigen Jahren unter dem Titel „Kapital und Christentum“ veröffentlicht wurden. Im dritten Band, der überschrieben ist mit „Von Krieg zu Frieden“, ist zu lesen: „Haben die Menschen – nach marxistischer Auffassung – sich selber durch Arbeit hervorgebracht, sind sie wesentlich als erstes Produzenten und gerad so viel wert wie sie produzieren; - selbst in der Verneinung des Kapitalismus wird dessen Negation des Menschlichen mit aufgenommen, ohne sich freilich in eine höhere Synthese aufzuheben“. (360) Dies gilt es in erster Linie zu bedenken und zu hinterfragen: Der Mensch – auch und gerade bei Marx – ist i n e r s t e r Linie P r o d u z e n t! Damit kommt er über das Menschenbild des Kapitalismus nicht hinaus. Es sei denn, dieses Ass haben die Marxisten noch im Ärmel, dass die neuen Verhältnisse ein neues Bewusstsein schaffen. Doch mitnichten! Dazu noch einmal Eugen Drewermann: „>>Die neuen Verhältnisse schaffen von selbst ein neues Bewusstsein<< heißt es. Doch das tuen sie keineswegs, solange das Bewusstsein im Dunstkreis der immer gleichen Grundgefährdungen des Daseins nicht wirklich etwas Neues, eine gültige Perspektive, eine tragende Bestimmung gegen die Tragödie des Alltäglichen erkennt.“ (362) Weil Religion „fast schon reflexartig als bloße Jenseitsvertröstung“ diskreditiert wird, kann man recht leicht erkennen, dass der Marxismus „in seinem materialistischen Reduktionismus nicht minder gefährlich ist als die zynische Ausbeutung des Menschen bereits im Kapitalismus.“ (362)
Rudolf Hubert, Schwerin, 02.01.2020