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< Zurück zur ÜbersichtEinspruch!
Ich kann nicht beurteilen, auf welchen Fakten sich Herr Buck stützt bezüglich des Genderns bzw. von Berichten zu angeblichen oder tatsächlichen Anweisungen der Verwendung solcher Sprachregelung an Institutionen oder in Firmen und ob das Einzelfälle sind oder gehäuft auftritt, zumal es da jede Menge Falschinformationen im Netz gibt. … Aber in einem muss man ganz klar sagen, dass Kritik indes an Begriffen diskriminierender bis rassistische Note, was eine ganz andere Kategorie ist als das Gendern, nicht als Aktivitäten einer Sprachenpolizei diffamiert werden sollte. Warum ist es Herrn Buck so wichtig, an den als diffamierend und rassistisch einzustufenden Begriffen mit dem Z, dem N oder mit dem Namen Lumumba festzuhalten, als würden die deutsche Sprache und Kultur mit dem Wegfall dieser Schaden nehmen? Haben der Wegfall von in der China-Kolonialliteratur zu findenden „Schlitzaugen“ oder von „Untermenschentum“ oder „Finanzjudentum“ der deutschen Sprache Schaden zugefügt, als sie aus dem Duden 1947 eliminiert worden waren? Das Gegenteil ist wohl der Fall. Die deutsche Sprache ist von bösem Schmutz befreit worden. Immerhin räumt er ja ein, dass man das N-Wort nicht mehr in der Öffentlichkeit sagen sollte (aha?), setzt dann jedoch ein Aber hinterher, indem er Protest „von einem Farbigen“ bisher nicht vernommen habe, was bedeutet, dass das Ganze im Kontext seines Beitrages doch gar nicht rassistisch sei und man sich doch nur künstlich aufrege, was wiederum ein regelmäßig vorkommendes Aberkennen täglicher rassistischer Erfahrungen besonders Schwarzer Menschen bedeutet, denen das N-Wort ja zudem ausschließlich gilt. Und, auch wenn Herr Buck keinen Protest „von einem Farbigen“ vernommen habe, so heißt das überhaupt nicht, dass dieses dann auch nicht der Fall sei. Sein individueller Eindruck, den er aus Nichterfahrung rassistischen Alltags und Nichtkenntnis solcher tagtäglichen Erfahrungen besonders Schwarzer Menschen auch in MV und ihrer Äußerungen und Haltung dazu bezieht, also schlicht gar nicht weiß, was tatsächlich los ist und ihnen ihre Erfahrungen grundlegend damit sogar abspricht, ist, wenn auch nicht bewusst, Ausdruck einer in unserer Gesellschaft verbreiteten rassistischen Denkweise. Rassismus bedarf nicht unbedingt böser Absicht. Rassistische Aussagen und Verhaltensweisen geschehen oft unbewusst oder fahrlässig, ohne dass derjenige bewusst dem Gegenüber rassistisch begegnen will. Es genügt m. E. nicht, nicht rassistische sein zu wollen (nur bekennende Rassisten sagen, dass sie welche sind), sondern man sollte auch den Mut haben, bei Erkenntnisgewinn bereit sein, sich zu ändern. Das kann auch mit der persönlichen Sprache sein. Auch das Z-Wort habe ich für mich eliminiert, weil es ausschließlich im Zusammenhang mit Diskriminierung, Kriminalisierung und Ausgrenzung zu tun hat. Etwa 50% der deutschen Sinti und der deutschen Roma sind dem Holocaust zum Opfer gefallen. Und noch heute sind sie in der Mehrheitsgesellschaft in einem Spannungsfeld zwischen romantischer Verklärung und Diskriminierung bzw. Kriminalisierung. Und Patrice Lumumba war ein junger kongolesischer Politiker, ein Hoffnungsträger, der durch Einwirken der ehemaligen zutiefst rassistischen Kolonialmacht und ihrer willigen Helfer um Mobuto ermordet worden ist. Einen heißen oder kalten Kakao mit einem Schuss Rum, manchmal zusätzlich mit weißer Schlagsahne garniert, Lumumba zu nennen, verbietet sich da einfach, zumal auch hier Schwarze Menschen mit der Farbe des Kakaos assoziiert werden, was einfach rassistisch ist. Warum soll man es dann nicht besser und vollkommen treffend „Kakao mit Rum“ oder „Rum-Kakao“ nennen? … Wer kein Rassist sein will, sollte Rassistisches auch nicht bewusst verteidigen und pflegen. … Die Deutungshoheit, was als rassistisch empfunden wird und was nicht, sollte nicht länger bei Nichtbetroffenen liegen.
Haiko Hoffmann, Schwerin, 17.12.2024