Die Befreiung des Vernichtungslagers Buchenwald sollte uns in diesen Tagen besonders ein Wert der Erinnerung und des Humanismus, aber unbedingt des Kampfes gegen die Barbarei sein. Als ich den autobiografischen „Roman eines Schicksallosen“ vom jüdischen Nobelpreisträger Imre Kertész las, schoss mir mein erster Besuch vom KZ Buchenwald in den Kopf. Der Autor schrieb, wie er als 14-jähriger Junge im Arbeitsvernichtungslager Buchenwald angesichts einer roten Abendsonne so etwas wie Glück empfand. Ganz anders meine Situation als ich, ein freier junger Mann im Mai 1964, bei schönem Wetter vom Lager weit ins Land sehen konnte und das üppige, aber zarte Grün sich mir geradezu genießerisch aufdrängte, dachte ich : Was müssen die Lagerinsassen an solchen schönen Tagen empfunden haben angesichts der Nähe der Kulturstadt Weimar und des Schweigens ihrer Einwohner und nicht nur dort. Und wie verhält sich der Geist von heute und der jüngeren Geschichte ? „Unsere Generation wird nicht so sehr die Untaten böser Menschen zu beklagen haben als vielmehr das erschreckende Schweigen der guten“, stellte Martin Luther King fest.
Sind die schweigenden Menschen wirklich gut? Vielleicht sind sie unwissend? Vielleicht haben sie auch zu wenig Charakter und Mut? Sind bequem und egoistisch ! Ich erlebe es täglich, nicht selten sogar eine schweigende Mehrheit. Auf jeden Fall werden sie oft der akuten und historischen Situation nicht gerecht, in schweren Zeiten den Menschen ein Mensch zu sein. Allerdings das Gericht des humanistischen Gewissens wird sie früher oder später nicht aus der Verantwortung entlassen!