„Wacht auf, Verdammte dieser Erde …“ Wie oft höre oder lese ich heute – direkt und indirekt – diesen Slogan. „Wir haben es immer gewusst – der Kapitalismus ist sein eigener Totengräber.“ Das ist die eine Seite. Die andere spricht von einem „Rat der Götter“, davon, dass es eigentlich beim gegenwärtigen Krisenszenario darum geht, „die Menschen weltweit zu regieren“. Wie kann, wie soll man mit diesen „Wahrheiten“ umgehen? Vielleicht so, wie es Eugen Drewermann versucht: „In dem antireligiösen Widerspruch, wie er im Marxismus formuliert wird, bleibt der Mensch hoffnungslos in den materialistischen Grundbestimmungen stecken, die da lauten: Er ist ein Aggregat im Stoffwechselhaushalt der Natur; für die Energiebilanz der Natur ist er eine bloße Verrechnungseinheit; und auch die menschliche Geschichte ist in ihrem ‚Anderssein‘ nur die Sammlung all der Widersprüche, die im Kampf ums Dasein in der Natur selbst bereits enthalten sind …“ Soweit die Analyse Drewermanns, der allerdings einen Ausweg aufzeigt. Drewermann sieht ihn in einem recht verstandenen Glauben. „Glaube ist nicht eine romantische Illusion weltjenseitiger Zustände, er ist im Gegenteil die Entscheidung, in diesem Leben hier auf Erden, mit dem Blick auf die Wirklichkeit Gottes den Verlockungen der Selbstauslieferung an die verwaltete Welt der Wirtschaft und der organisierten Gewalt des Staates zu entsagen … Die Synthese einer Freiheit in Ungerechtigkeit, wie sie der Kapitalismus gebiert, und einer Unfreiheit in Gerechtigkeit, wie der Sozialismus sie bietet, setzt einen Menschen voraus, der in persönlicher Freiheit zu Selbstbeschränkung und Solidarität imstande und bereit ist. Eine solche Synthese ist das wahre Angebot der Religion, insbesondere des Christentums.“ (Eugen Drewermann „Von Krieg zu Frieden“ – Kapital & Christentum Band 3, Ostfildern 2017, S. 354-363)