Zur Verschandelung der deutschen Sprache gestatte ich mir folgenden Kommentar.
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Funkoffizier der DSR und beider Fischkombinate ab Mitte der 1960er Jahre, als späterer Außenhändler bei einem Außenhandelsbetrieb der DDR und nach 1990 als Supercargo (Firmenbevollmächtigter) für ein englisches Unternehmen auf ex-sowjetischen Schiffen durfte ich mich oft als Dolmetscher für Deutsch, Englisch und Russisch betätigen – auch in Französisch habe ich ein wenig »delektiert«. Und das nicht nur bei allgemein verständlichen Unterhaltungen/Schriftverkehr, sondern auch in Technik und Vertragswesen. Ich frage mich, wie ausländische Kollegen mit den neudeutschen Formulierungen mit den Sternchen, Kreuzchen und anderen mehr oder weniger verständlichen Zeichen klar kommen sollen. Nicht auszudenken, wenn Engländer, Russen, Franzosen und weitere Staaten mit ähnlichen Ansinnen konfrontiert werden. Wie wird die Abkürzung m/w/d in eine jener Fremdsprachen übersetzt, denn so etwas gibt es dort nicht. Verträge können an solchen deutschen respektive juristischen Spitzfindigkeiten scheitern, vor allem wenn man Urteile deutscher Gerichte in Betracht zieht. Ein bekannter Spruch lautet: Auf hoher See und vor deutschen Gerichten musst Du auf Gott vertrauen. Wie soll ich mich in Sachen Unterschrift mit einer ausländischen Vertragspartnerin einigen, wenn da steht: Unterschrift der Vertragspartner. Ist dort zusätzlich das Geschlecht anzugeben. Die deutschen Gerichte jammern wegen totaler Überlastung. Kein Wunder, wenn sich manche Leute wegen Nebensächlichkeiten, und dazu zähle bestimmt nicht nicht nur ich die Gendersternchen und sonstigen geschlechtsvertretenden Symbole, wegen nach ihrer Ansicht diskriminierender Einzahlungsformulare ihrer Bank oder Sparkasse, wegen zuviel Zucker in irgendeinem Getränk etc. pp. durch sämtliche Instanzen inclusive EuGH klagen. Aufgrund der aus solchen Verhandlungen resultierenden Urteile wird das deutsche Rechtswesen immer undurchsichtiger.
Ein kleines Bonmot zum Schluss: Bei Verträgen kommt meist am Ende die Arbitrage-/Schiedsgerichtsklausel zur Behandlung von unterschiedlichen Kontraktinterprätationen und welches Schiedsgericht anzurufen sei. Dazu gehörte vor 1989 unter anderem auch das Schiedsgericht bei der Kammer für Außenhandel der DDR. Einem britischen Geschäftspartner wurde in diesem Zusammenhang das »Gesetz über die internationalen Witschaftsverträge der DDR« – natürlich in Englisch – ausgehändigt. Bei der nächsten Zusammenkunft meinte er: »Mein Rechtsberater hält das Gesetz für hervorragend formuliert, allerdings wäre er selbst damit überflüssig.« Seine Antwort auf die Frage »Wieso?«: »No gaps, no exceptions – keine Lücken, keine Ausnahmen!«