Es gibt eine sehr schöne alte Fabel, die ich als Kind gern gelesen habe. Darin geht es um eine Gruppe von Mäusen, die ein Haus bewohnen und feststellen, dass die Anwesenheit der Katze in diesem Haus für sie ein echtes Problem wird. Täglich fallen eine oder mehrere der kleinen Nager diesem Raubtier zum Opfer. Darum kommt man schließlich zusammen und überlegt, wie man mit dieser schwierigen Situation fertig werden könnte. Nach manchen, mehr oder weniger, guten Ideen, hat eine der Mäuse einen genialen Einfall: „Man müsste der Katze, wenn sie schläft, ein Glöckchen um den Hals hängen. Dann würde dieses Glöckchen immer darauf aufmerksam machen, wenn sich die Katze in der Nähe befindet. Wir wären gewarnt und könnten uns in Sicherheit bringen.“ Dieser Einfall fand die begeisterte Zustimmung von allen. „Eine außerordentlich gute Idee“, war man des Lobes voll. Als dann die Begeisterung etwas abgeklungen war, meldete sich eine ältere, nachdenkliche Maus zu Wort: „Eine Frage habe ich noch, nämlich die, wer der Katze das Glöckchen um den Hals binden wird.“ Da wurde es sehr still in der Runde. Manche Leserbriefe erinnern mich fatal an diese Fabel. Was sind wir doch alle klug! Nur die einfache Tatsache, dass wir es bei Putin mit einem brutalen Diktator zu tun haben, dem sowohl das Leben seiner eigenen Landsleute und das der Ukrainer sowieso herzlich wenig zu bedeuten scheinen, wenn es um die Durchsetzung seiner Ideen geht, die wird schlichtweg ignoriert. Und dafür braucht es spätestens nach den letzten 4 Monaten keines Beweises mehr. Ebenso für die Tatsache, dass es genügend Versuche gab und gibt, mit Putin zu sprechen. Allen, die diese Wirklichkeiten ignorieren und lieber in allen Variationen über den „bösen Westen“ schimpfen, und auch allen, die immer noch „Putinversteher“ sind, kann man nur raten, nach Moskau zu reisen und mit Putin darüber zu reden, ob es nicht andere Möglichkeiten als diesen Krieg für ihn gibt. Das wäre doch mal was.