Der Vorstand der Seniorenakademie Stralsund hatte am 25.10.22 den Dipl.-Prähistoriker Gunnar Möller zum Thema „Frauen im hansezeitlichen Stralsund“ eingeladen. Vom 13. bis zum 17. Jh. war die Hanse mit bis zu 300 See- und Binnenstädten der vorherrschende Städtebund im nördlichen Europa. Es gibt dazu viele Quellen in den Archiven, insofern ist es ein spannendes Thema. Auch in dieser Zeit waren Machtanspruch und –missbrauch durch die Männer vorhanden, auch wenn es betreffs der Stellung der Frauen regionale und lokale Unterschiede gab. Die Geschichte der Hanse wird in der Regel aus der Perspektive einer reinen Männerdomäne erzählt. Deshalb ist hier nach der Rolle der Frau zu fragen. Der Referent gab jenseits der Klischees einige Einblicke in die rechtliche Stellung der Frau, ihre Tätigkeit im wirtschaftlichen Bereich, im Familienleben wie auch in die Schattenseiten weiblichen Alltagslebens. Sie war nicht rechtsfähig, aber doch geschäftstüchtig. Im Alltag hatten die Frauen vielfach eine andere, deutlich selbstständigere Rolle. In der Kaufmannschaft leitete die Ehefrau den Haushalt mitsamt Personal, führte Buch über die Ausgaben des Haushalts und hatte Geld zur eigenen Verfügung. Verstarb der Gatte, führte die Witwe das Geschäft weiter. Zu dessen Verkauf musste sie sich jedoch durch einen männlichen Vormund vertreten lassen. Auch vor Gericht mussten Frauen, falls sie sich zu verantworten hatten, von einem Mann vertreten werden. Die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse förderten z.B. den Ehebruch. Im Alltagsleben der breiten Masse waren die Frauen nicht nur Mütter, Ehefrauen, Witwen, Schwestern und Töchter von Hansekaufleuten, sondern auch Kauffrauen, Nonnen, Beginen, Malerinnen, Handwerkerinnen, Heilige, Stifterinnen, Adlige und Mägde. Die direkten Schattenseiten weiblichen Alltagslebens waren u.a. auch Prostitution und Gewalt gegenüber ihnen. Sicher gibt es auf diesem historischen Gebiet noch viel zu erforschen.
Die 56 Interessenten hörten einen recht aufschlussreichen Vortrag über das Leben der Frauen in der damaligen Zeit und dankten dem Referenten.
Wolfgang Mengel, Seniorenakademie