„Werner Höfer – ein brillanter Journalist“ – der philosophische Kopf des Rate -Teams von Kai Pflaume, Hubertus Meyer-Burckhardt, sprach dies kurz vor Weihnachten im Fernsehen gelassen aus. Kein Einwand, kein mahnendes Korrektiv, kein Nichts, trotzdem die Sendung alles das geradezu herausforderte. Da schwante mir doch noch etwas aus DDR-Zeiten, zumal die Sendung „Kaum zu glauben“ hieß. Prof. Albert Norden, der Rabbinersohn hatte doch schon 1962 Entscheidendes an der Nazi – Vergangenheit des westdeutschen sehr bekannten Journalisten Werner Höfer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Kaum zu glauben, aber erst nach mehr als 30 Jahren im „Internationalen Frühschoppen“ verschwand benannter Moderator Ende 1987 vom TV-Bildschirm. Jahrzehntelang hatte er seine Mitarbeit an der Nazi-Propaganda bestritten – dann fand sich per Zufall der Beweis.
Es kam zum Fall Kreiten. Auslöser für die Erregung eines Herrn Friedrich war das Schicksal seines Klassenkameraden Karlrobert Kreiten, eines jungen, talentierten Pianisten, der 1943 im Alter von 27 Jahren von den Nazis hingerichtet worden war, weil er zu freimütig seine Zweifel am viel beschworenen Endsieg kundgetan hatte. Höfer hatte damals im „12-Uhr-Blatt“ die Exekution mit blumigen Worten gelobt. Der Künstler habe „statt Glauben Zweifel, statt Zuversicht Verleumdung und statt Haltung Verzweiflung gestiftet“. Höfers Resümee: Prominente seien zur Loyalität verpflichtet, die Strafe deshalb gerecht.
1978 deckten die „Bild am Sonntag“, „Die Welt“ und die „Bunte Illustrierte“ die braune Vergangenheit Höfers auf. Doch Höfer stritt die Urheberschaft dieser „Hinrichtungshymne“ ab. Er behauptete, der Tenor sei in den Text hinein redigiert worden. Damit kam er durch und stieg zu einem der einflussreichsten Journalisten beim WDR auf. Dass er darüber hinaus auch für das Nazi-Propagandablatt „Das Reich“ geschrieben hatte, geriet vollkommen in Vergessenheit.
Der Volksgerichtshof unter Vorsitz Roland Freislers verurteilte Karlrobert Kreiten wegen „Feindbegünstigung und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode. In der Nacht zum 8. September 1943 wurde der 27-Jährige in Berlin-Plötzensee erhängt. Nur wenige Tage später erschien in der Berliner Zeitung „12-Uhr-Blatt“ der Kommentar eines gewissen Werner Höfers. Der Kolumnist lobte die Hinrichtung als strenge Bestrafung eines „ehrvergessenen Künstlers“. Das konnte ihn in der BRD nicht daran hindern, zum erfolgreichen Fernsehdirektor aufzusteigen. Mit seinem „Internationalen Frühschoppen“ im WDR, in dem er mit einer illustren Journalistenrunde bei einem Glas Weißwein die Weltpolitik diskutierte, prägte er den Sonntagvormittag der westdeutschen Generation, siehe die Eliten des Show-Geschäfts. Erst zwei Tage vor Weihnachten 1987 musste Höfer seine Position aufgeben und der WDR stellte den „Internationalen Frühschoppen“ ein. Und kurz vor Weinachten 2021 nennt man Höfer im Deutschen Fernsehen wieder einen brillanten Journalisten, ganz ohne Einwand!