Wieder geht ein Jahr vorbei, in dem man nicht so leben konnte, wie man es sich gewünscht hätte. Aber der Gedanke, dass man sich so verhalten hat wie es notwendig war, um sich und andere in der gegenwärtigen Coronakrise zu schützen, mindert den Frust. Dass der Staat Maßnahmen ergreifen muss, die uns alle persönlich und die Gesellschaft insgesamt belasten, aber die Schäden verringern, müsste eigentlich verständlich sein. Auch wenn ich einige Entscheidungen als widersprüchlich empfunden habe. Viel mehr beunruhigen mich aber die Reaktionen derer, die sich in ihrer individuellen Freiheit bedroht fühlen. Die Interpretation des Freiheitsbegriffes als: »Ich kann tun und lassen was ich will, ohne Rücksicht auf andere«, löst bei mir Wut und Ängste aus. Und ich habe auch kein Verständnis dafür, dass es keine konsequenten Reaktionen des Staates dagegen gibt. Unsere demokratische Ordnung lässt es zu, dass Menschen ihre persönliche Freiheit, so wie sie diese verstehen, mit randalierender Gewalt auf den Straßen durchsetzen wollen und es dürfen.
Ich gehöre nicht zu denen, die unserem Staat bedingungslos in allem was er tut zustimmt. So empört mich sehr, dass die Rüstungsindustrie trotz Pandemie überdurchschnittlich hohe Gewinne gemacht hat und der Rüstungsexport kontinuierlich weiter steigt und somit unser Staat an Kriegen, Tod, Hunger und Elend in der Welt zumindest indirekt beteiligt ist.
Wenn die demokratische Meinungsfreiheit durch öffentliche Hetze und Gewalt gegen schützende staatliche Regeln wahrgenommen werden darf, dann sehe ich darin einen Widerspruch zur Verantwortung des Staates für die Gesundheit und das Leben seiner Bürger.