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Beunruhigend

Meine Generation hat noch die letzten Jahre des Zweiten Weltkrieges mit Bombennächten und Flucht in Erinnerung. Die aktuelle Weltsituation mit Kriegen, Hunger und Tod ruft scheinbar Vergessenes wieder in Erinnerung. Mich begleitete viele Jahre die Losung »Nie wieder Krieg« und ich bin wütend und traurig zugleich, dass scheinbar ausschließlich mit der militärischen Unterstützung einer Seite der Kriegsparteien eine dauerhafte Lösung der Konflikte zu erreichen sei. Ein weiteres Problem beeinträchtigt meine Lebenszufriedenheit nicht weniger. Das ist die Tatsache, dass die innenpolitischen Widersprüche im eigenen Land zunehmen und unsere Politiker, die Verantwortung für die gesellschaftlichen Verhältnisse in unserem Land tragen, unfähig sind, diese zu erkennen, geschweige denn richtige Lösungen zu finden und sie umzusetzen. Als ich kürzlich in der Presse las, dass in Deutschland jedes achtes Kind bereits armutsgefährdet ist, hat es mich tief berührt. Aber auch die fatale Situation in unserem Gesundheits- und Bildungssystem kann man nicht nachvollziehen. Ich war bis zur gesellschaftlichen Wende in der ehemaligen DDR Lehrerin in der Grund- und Oberstufe, zuletzt als Fachschuldozentin am Institut für Lehrerbildung tätig. Studienplätze waren sehr begehrt und selten wurden welche aufgegeben. Leider treffe ich heute ehemalige Kolleginnen, Kollegen und ehemalige Studenten, die sagen: »Heute würde ich nie wieder Lehrer werden.« Glaubt man tatsächlich, dass aktuelle Forderungen wie: Es sollen keine Hausaufgaben mehr erteilt werden oder das »Sitzenbleiben« ist überholt unser Bildungssystem wirkungsvoller machen? Vielleicht sollten unse­re Bildungspolitiker prüfen, ob die Ausbildung der Lehrer und Erzieher und ihre Bezahlung den Notwendigkeiten entspricht. Eine andere Feststellung ist alarmierend, nämlich dass es nicht nur an Hausärzten, sondern auch an Fachärzten zunehmend mangelt. Andererseits nimmt die Zahl der Millionäre und Milliardäre weiterhin zu in Deutschland und es verstärkt sich der Widerspruch zwischen Arm und Reich zu Gunsten der Reichen. Ich traue mich, unseren Politikern einen Tipp zu geben: bei Marx und Engels finden sie Hilfe.

Brigitte Schneider, Warnemünde , 15.07.2024

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