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Gedanken-Ängste

Ich möchte dem hier zurzeit vorherrschenden Thementrend: das unsägliche, facettenreiche Kriegsgeschehen, Ampel-Schelte, Wahl-Getöse, Migrations- und Kriegsängste und, und... nicht folgen und einige Gedanken zu einem erfreulicheren Ereignis einbringen. Seit dem 27. Juli 2024 ist es Gewissheit: Die UNESCO nimmt das Residenz-Ensemble Schwerin in die Welterbeliste auf. In Anlehnung bei Julius Cäsar: Schwerin veni, vidi, vici — Schwerin ist Welterbe! Freuen wir uns gemeinsam über diesen großartigen Erfolg, nicht zuletzt ermöglicht durch die permanent engagierte Arbeit des Welterbe Schwerin Fördervereins. Aber bis zu dieser wunderbaren Entscheidung des Komitees hatte ich so meine Bedenken... Ich erinnere mich an einen Prospekt des Welterbe Schwerin Fördervereins, den ich im vergangenen Jahr interessiert las und dann jäh innehielt: Nein, der kann doch nicht so an die Öffentlichkeit gelangt sein, dachte ich. War er aber, denn ich Ias ihn ja gerade. Da stand doch tatsächlich - noch dazu in fetten Versalien - HERAUSVORDERUNGEN. Ich vermute, dass die Vereinsfreunde bei der Erarbeitung des Prospektes wohl postempathisch bei unseren Altvorderen waren. Selbst wenn die Gedanken ob solcher wunderbaren Schätze der Architektur und Landschaftsgestaltung in Enthusiasmus schwelgen, müssen sie dann aber form- und sachgerecht zusammengefasst und eingebracht werden. Hier in einem Prospekt, der ansprechend gestaltet, schon einen Pluspunkt beim Komitee einbringen könnte. Aber dann passieren solche Dinge. Schon peinlich dieser orthografische Lapsus. Ich wollte daraufhin den Förderverein kontaktieren, ließ es dann aber. Ist wohl keinem aufgefallen. Oder doch noch durch den wissenschaftlichen Beirat auf seiner abschließenden Sitzung vor Einreichung des Nominierungs-Dossiers korrigieren? Vielleicht auch zeitgemäß neudeutsch ersetzt durch »Challenge«? Wird das Komitee bei seinen strengen Vergabekriterien auch die anschauliche, sachliche und korrekte Darstellung von Prospekten bewerten? Diese Skepsis hat mich bis zuletzt begleitet. Und noch kurz bevor das Welterbe-Komitee in Neu-Delhi seine Entscheidung verkündete, dachte ich: Möge Krishna unserer Stadt gewogen sein! Und dann endlich: Befreites Aufatmen. Plötzlich wie weggeblasen meine kleinlichen, absurden Befürchtungen - Schwerin ist Welterbe. All’s Well, That Ends Well! Nunmehr abschließend komme ich nicht umhin, meiner schönen Stadt eine kleine Liebeserklärung zu machen: »Es lebe Schwerin. Es gibt wenig Vergleichbares auf der Welt!« Zu urban-nationalistisch? Keineswegs! Ich denke dabei an den kürzlich gehörten euphorischen und noch einmal Beifall heischenden Ausruf des scheidenden US-Präsidenten über sein Land. Und dann steht man doch immer auf der richtigen Seite, oder?

Hans Spring, Schwerin, 20.08.2024

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