Leserbriefe lesen

Ideologische Verdrehung oder Manipulation

Als Sachse kenne ich das Gefühl, manipuliert zu werden. Es ist schon alt und überrascht mich dennoch immer wieder. In Gesprächskreisen macht es mich beim Thema Krieg und Frieden aber besonders traurig, wenn ich der Manipulation oder ideologischen Verdrehung, wie Herr Hubert es nennt, nicht frühzeitig entgangen bin. So auch jetzt zum Krieg in der Ukraine seit 2014. Historiker haben in den mir bekannten Studien über vergangene Kriege stets die berühmte Erkenntnis eines Carl von Clausewitz bekräftigt, wonach der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln sei. Auffallend war es stets und ist es auch heute, dass zu Kriegszeiten versucht wird, die Ursachen für einen Krieg mit aktuellen Kriegsereignissen zu verdecken. Heute gehört es wohl zur kognitiven Kriegsführung, und die Kriegsgründe werden mir mit einer Fülle von Bildern und Filmen plausibel angeboten. Diese Herangehensweise ist mir auch einleuchtend; denn würde man heute die Ursachen für den Krieg in der Ukraine ernsthaft in der vorangegangenen Politik suchen, kämen politische Parteien in Bedrängnis. Ich erlebte als Besucher die stehende Ovation aller Bundestagsmitglieder und sah den Beifall in den Regierungsbänken 2001 auf die Rede von Wladimir Putin. Bis heute mag ich es nicht für wahr haben, dass ich so getäuscht und die deutschen Politiker mit billigem Erdgas damals erpresst wurden. Mein heutiges Verständnis von Politik ist auch durch eine Aussage von Egon Bahr geprägt, die er im Dezember 2013 vor Schülern eines Gymnasiums in Heidelberg machte: „In der internationalen Politik geht es nie um Demokratie oder Menschenrechte. Es geht um die Interessen von Staaten. Merken Sie sich das, egal was man Ihnen im Geschichtsunterricht erzählt.“

Herbert Doberenz, Neubrandenburg, 28.07.2024

Hier können Sie Ihre Leserbriefe online aufgeben

Bitte beachten Sie, dass wir uns das Recht vorbehalten, im Falle des Abdruckens in der Zeitung, Textpassagen zu kürzen oder nachträglich zu ändern.