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< Zurück zur ÜbersichtNach der Krise wie vor der Krise
Eindeutig: Ja! Es hat nach den regierungsseitig festgelegten einschränkenden Maßnahmen erste vorsichtige Stimmen gegeben, die merkliche Veränderungen im gesamtgesellschaftlichen Leben nach der Krise nicht ausschlossen. Es waren Stimmen, die glaubten, dass durch diese Krise dem überbordenden Kapitalismus vielleicht etwas Einhalt geboten wird. U.a. plädierte der Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) für eine Abkehr von den Spielregeln des bisherigen Kapitalismus. Der seit einiger Zeit vehemente Schrei nach Lockerungen, verbunden mit Gerichtsanrufungen, Anti-Corona-Demos, Unterschriftensammlungen gegen Corona-Beschränkungen u.a. lässt leider vermuten, dass von einer zeitweilig empfundenen Demut gegenüber dieser Pandemie nichts übrig bleiben wird. Hochinteressant ist ein Interview mit Benjamin Ferencz, 1947/48 Chefankläger im Nachfolgeprozess zu den Nürnberger Prozessen, in dem er auch die elitäre Minderheit in den USA kritisiert, die für sich in Anspruch nimmt, egal, was sie tut, straflos Herrscher über die Welt zu sein. Und dann nutzt die sogenannte Verteidigungsministerin den Schatten der Krise, um ihr Rüstungsprogramm durchzupeitschen, um Gegenstimmen zu unterlaufen. Flugzeuge, die im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe Deutschland ermöglichen, US-Atombomben zu transportieren (und auch abzuwerfen?). Die Bürger dürfen nur wählen, alles andere, was dann folgt, haben sie hinzunehmen. Und so heißt es, dass diese Teilhabe im Koalitionsvertrag (CDU/CSU/SPD), der dem Wähler natürlich nicht zur Abstimmung vorgelegt wurde, festgeschrieben und nicht verhandelbar ist (Meinung der CDU). Im Art. 20(2) GG heißt es zwar, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, aber Art. 38 GG räumt den Volksvertretern ein, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen zu sein. Da ist die Frage erlaubt, für wen das Gewissen schlägt, sicher mehr für die Lobbyisten als für den Wähler, denn von den von den Lobbyisten vertretenen Firmen und Konzernen hängt der Geldsegen für die Parteien oder auch der eigene Parlamentssitz ab. Insofern gehört also der ausufernde und so vergötterte Kapitalismus auch nach der Krise wieder zum Alltäglichen mit seinen Maximen: „Immer weiter, immer höher, immer schneller und vor allem immer mehr“ mit einer immer größer werdenden Schere zwischen arm und reich. Wie sagen doch die Indianer sinngemäß? Erst wenn alles, was die Menschheit ernährt, radikal weg ist, wird sie feststellen, dass man Geld nicht essen kann geschweige davon satt wird!
Wolfgang Mengel, Stralsund, 08.06.2020