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< Zurück zur ÜbersichtVon Ambition und Kompetenz
Eines fernen Tages landen Aliens auf ihrer Suche nach Leben auch auf unserer Erde. Was sie vorfinden, ist eine tote, verstrahlte Wüste. Nichts deutet darauf hin, dass ein Meteoriteneinschlag oder ein Erdbeben Ursache für den Tod des Planeten war. Reste einer ehemals hochentwickelten Zivilisation lassen jedoch darauf schließen, dass die Bewohner selbst ihr Dasein ausgelöscht hatten. Und wer nun glaubt, dass dieses Szenario einem Science-Fiction-Roman entstammt, der sollte sich nur einmal die gegenwärtige politische Weltlage vor Augen führen. Bereits 1962 waren sich Kennedy und Chruschtschow während der Kubakrise darüber klar, dass ein Atomkrieg damals das Ende der Menschheit bedeuten würde. Die heutigen nuklearen Arsenale dürften diese Gefahr enorm potenzieren. Manche »Russlandkenner«, die häufig genug Probleme haben, russische Namen korrekt auszusprechen, drohen damit, dass die Russen wie weiland die Rote Armee mit T34 oder mit Ross und Wagen quer durch das NATO-Land Polen nach Berlin vorrücken werden. Ohne Zweifel muss der Krieg gegen die Ukraine verurteilt werden, aber die Vorstellung, man könne einen Krieg gegen die Atommacht Russland gewinnen, ist einfach verantwortungslos. Es wirkt schon bizarr, dass ausgerechnet ein erratischer Oberzöllner von jenseits des großen Teichs wenigstens Ansätze für einen Waffenstillstand auslotet, wenngleich er als Belohnung den Friedensnobelpreis und seltene Erden on top erwartet. Viele unserer Politiker und Schreibtischstrategen, deren persönliche Ambitionen und Kompetenzen beträchtlich auseinanderklaffen, beschwören Kriegsgefahr und erzeugen Hysterie, um damit die Zustimmung für die geplanten Rüstungsmilliarden zu erreichen. Von ihnen gibt es keinerlei echte Initiativen für eine baldige Beendigung dieses schlimmen Konflikts. Alle sprachlichen Verrenkungen können das nicht vertuschen. So manches in unserer Politik erinnern an den Autofahrer auf der Hauptstraße, der ungebremst auf die Kreuzung zufährt, obwohl er den aus der Nebenstraße kommenden Wagen sehr wohl erkennt. Während man die Trümmer beider Autos beseitigt, schreit er immer noch und schlägt sich auf die schmale Brust, dass er doch und nur er im Recht gewesen sei.
Rainer Sabisch, Boizenburg, 14.04.2025