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Russland, der Dauerfeind

Um die gegenwärtige Krisensituation einigermaßen beurteilen zu können, sind einmal historische und andererseits geopolitische Fakten zu beleuchten. Als Napoleon I. entsprechend seines Hegemonieanspruchs auf Europa und weiterer weltpolitischer Pläne gegen Russland zog, holte er sich mächtig kalte Füße. Von Bismarck warnte vor einer Konfrontation mit Russland und schloss deshalb den Rückversicherungsvertrag mit dem Zarenreich ab, der nach Bismarcks Rücktritt nicht verlängert wurde. Kaiser Wilhelm II. gelang es nicht, sich gegen das Militär durchzusetzen und konnte 1914 den Krieg gegen Russland nicht verhindern. Im 2. WK hat die Rote Armee dem Angriff der Wehrmacht widerstanden, Stalingrad brachte die Wende. Von den Nationalsozialisten wurden die Menschen der Sowjetunion, ganz besonders die Russen, als Untermenschen diffamiert. Dann begann der Kalte Krieg, in dem unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Kommunismus gegen die SU und den Osten gearbeitet wurde. Das heutige Russland ist kein kommunistischer Staat, nun muss die „autoritäre“ Staatsführung herhalten, um den Kampf gegen das Land zu legitimieren. Aber das ist ja nicht der wahre Grund. Z. Brzezin´ski hat in seinem 1997 erschienenen Buch „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ (1. dt. Auflage November 2025) genau beschrieben, wie die USA ihre geopolitischen Ansprüche durchsetzen können, um die Weltherrschaft zu erringen. Der Zusammenbruch der UdSSR war der Auslöser, dieses Ansinnen in die Tat umzusetzen, und schon damals spielte aus der Sicht der USA die Ukraine eine ganz besondere Rolle. Es geht dabei um die sogen. „Herzlandtheorie“ (H.J. Mackinder, 1919). Das „Herzland“ ist der eurasiatische Kontinent, und wer den beherrscht, der beherrscht auch die Welt. Und so ist es keine Frage, welches gesellschaftliche System in Russland gerade existiert, das spielt absolut keine Rolle. Nur die Tatsache, dass dieser Kontinent ein Großteil russischen Territoriums ist, macht Russland aus der Sicht der Amerikaner zum Dauerfeind. Deshalb sind besonders ab 1990 sämtliche Sicherheitsinteressen des Landes von den USA, der NATO und der EU abgelehnt bzw. ignoriert worden. Sämtliche Bemühungen der russischen Regierung zur Beilegung des Konflikts mit der Ukraine (2014-2022) wurden vom Westen abgelehnt und hintergangen (siehe Minsk-Abkommen). Ziel: Der Westen wollte diesen Krieg und ist auch jetzt nicht bereit, diesen zu beenden, denn das Land muss dauerhaft geschwächt werden (die dt .Außenministerin: „ruiniert werden“), damit die USA das Land zerschlagen und sich des Kontinents bemächtigen können, um ihre Weltherrschaft durchzusetzen. Fazit: Geopolitik ist zynisch und hat mit Menschlichkeit nichts zu tun. Das Schlimme daran ist: Die EU spielt dieses böse Spiel mit. Ebenso Deutschland. Wenn die neue zu vereidigende Regierung ihren Amtseid schwört, kann unter den derzeitigen Umständen nur gesagt werden, dass das Lippenbekenntnisse sind (bei der milliardenschweren Aufrüstung der NATO und der EU incl. Deutschlands bis an Russlands Grenzen). In einer möglichen Auseinandersetzung, die damit heraufbeschworen wird, wäre Mitteleuropa das Schlachtfeld, die USA sind weit davon entfernt. Man kann zu den USA stehen, wie man will, aber das sind nun mal die harten Fakten. Und die sollten auch unser Denken und Handeln beeinflussen, es geht um unsere Kinder, Enkel und Urenkel, die auch weiterhin in Frieden leben sollen. Jeder Konflikt ist, so man denn will, diplomatisch zu lösen!

Wolfgang Mengel, Stralsund, 14.04.2025

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