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< Zurück zur ÜbersichtSelbstzweck und Rechtsliberalismus
Die aktuellen Coronamassnahmen nehmen eine sehr bedenkliche Richtung und verstärken die eh schon vorhandene soziale Spaltung. Da lohnt sich ein Blick zurück um die Ursachen zu erkennen: Noch zu Zeiten der Studentenrevolte (1968 f.) war es üblich Meinungen über Kontroversen - einen kritischen, demokratischen Dialog zu bilden -, der auch einen Pluralismus von Ideen beinhaltete. Man ging in Versammlungen und diskutierte die Grundsatzprogramme der Parteien auch im Vergleich. Selbst Kohl gab sich da alle Mühe und versuchte in fast stundenlangen Diskussionen in großen Versammlungen engagiert seine Meinung gegen uns JUSOS/Studenten zu erläutern. Welche Aufregung gab es da als Schmidt in etwas kleinerem Rahmen die vielen Meldungen von uns JUSOS dazu gebrauchte, die Versammlung in der Stadthalle Karlsruhe aufzulösen und uns alle aus der Partei auszuschliessen - was nach unserem Einspruch umgehend rückgängig gemacht wurde. Heute findet ein kritischer Dialog in Zeiten der social media nicht mehr statt: man googelt seine Meinung und verbreitet sie ohne Faktenüberpürüfung als vermeintliche Wahrheit. So kommt es inzwischen in verschiedenen Echoräumen vorzugsweise Rechts, bürgerlich - aber auch Links zu Querdenkerbewegungen mit immer wilderen Verschwörungstheorien. Natürlich greift dieser Prozess auch bei der Öffnungsstrategie im Einzelhandel und u.a. in Gaststätten : am Beispiel von Tübingen wird da aktuell ein Flüchtlingsheim und Jugendliche, die aus Bierdosen trinken als Verantwortliche der steigenden Zahlen genannt. Das wäre dann das Modell des Rechtsliberalismus des gut betuchten Bürgertums, Konsum wird damit zum Selbstzweck. Corona erfährt zur Zeit durch verschiedene Mutationen von der dänischen, britischen, südafrikanischen Variante bis hin zu aktuell der brasilianischen Virusvariante und nach mehreren erneuten Ansteckungen nach bereits erfolgter Impfung eine Neubewertung: eine Überarbeitung der Impfstoffe ist notwendig - Herdenimmunität ein frommer Wunsch -; die Impfung schützt so insbesondere vor schweren Erkrankungen und steigenden Todeszahlen. Corona wird erst dann vorbei sein, wenn überall auf der Welt eine Impfung erfolgt und wir unsere Lebenseinstellung/unser Verhalten ändern: weniger Fleisch, weniger Massentierhaltung, weniger Rodung, weniger Pestizide. Hoffen wir auf Einsicht und vermehrten Gemeinsinn.
Herbert Häußer, Crivitz, 13.04.2021