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Mal ist es die Geflügelgrippe, mal die Schweinepest, die uns immer wieder unseren perversen Umgang mit Tieren vor Augen führt. Wir haben uns daran gewöhnt, nehmen die Meldungen wie selbstverständlich hin, weil es mittlerweile zu unserer »christlich geprägten Gesellschaft« zu gehören scheint, wenn wieder einmal ein paar Hundert Schweine, ein paar Tausend Enten, Hühner, Puten oder zur Abwechslung auch ein paar Millionen Nerze (wie unlängst in Dänemark) getötet werden. Damit ist ja auch nur der Fakt an sich erwähnt, dass sie eben getötet werden müssen, über das Wie schweigt man besser. Und weil »das Tierwohl eine große Rolle in der praktischen Arbeit, sowohl im Hause Backhaus, wie auch des Fachdienstes der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung des Landkreises Ludwigslust-Parchim spielt«, läuft in der wunderbaren, geradezu romantischen Welt der Massentierhaltung alles bestens, wird regelmäßig kontrolliert, wobei nie Missstände auffallen (nicht mal dem Firmenchef (!), was sollte man denn da ahnden?), da es sich bekanntlich stets nur um die berühmten Einzelfälle handelt. Da platzt in dieses Idyll dann plötzlich Animal Rights Watch (längst nicht die einzige Organisation, die regelmäßig skandalöse Zustände aufdeckt) herein, will uns womöglich aus unserer Ruhe aufschrecken, wo es »seine Dokumentationen doch handwerklich unsauber vermischt und zusammengeschnittene Videoaufnahmen verlinkt«…. Es ist wohl wahr, die »Putenerzeuger« (wie die Tierindustrie insgesamt), »haben eine einflussreiche Lobby«, die Tiere selbst, längst nicht mehr als Lebewesen wahrgenommen, sondern einzig zu lebender, kapitalträchtiger Ware degradiert, leider gar keine. Deshalb können sich alle Beteiligten beruhigt zurücklehnen. Denn solange eine CDU - Schutzheilige in Gestalt Julia Klöckners über das Wohl von Industrie- und Landwirtschaft wacht, alle Bemühungen um einen Kurswechsel im Keim erstickt und dem Verbraucher, dem der Appetit auf Fleisch von Discounter und Supermarkt inzwischen lange vergangen sein sollte (die Praxis spricht leider eine andere Sprache), den Blick auf die Dinge bestenfalls mit schönen neuen, nichts sagenden und nichts bewirkenden Siegeln auf der Wurstverpackung verkleistert, wird sich an den Missständen nicht wirklich etwas ändern.
Rainer Meyer, Boizenburg, 23.02.2021