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< Zurück zur ÜbersichtKlettergarten auf Tradi
Sehr geehrte Frau Dr. Möller, wir beide kennen uns ein wenig und darum möchte ich Sie heute einmal persönlich und direkt ansprechen. Ich bitte Sie hiermit höflichst, tun Sie alles in Ihrer Kraft stehende, um den Plan eines Hochseilgartens auf dem Traditionsschiff zu verhindern. Das frühere DDR Schiff Typ IV, MS "Dresden", ist per Definition ein Denkmal und soll damit, im Sinne des lateinischen monere (= erinnern), an eine Sache oder ein historisches Ereignis erinnern und gedenken. Darüber hinaus wird einem Denkmal allgemein die Funktion zugeschrieben, die Jugend zu bilden und zu erziehen. Mir ist weit und breit kein Traditionsschiff bekannt, dass durch so einen "Belustigungsgarten" verschandelt und entwürdigt wird oder werden soll. Aber in Rostock ist es ja bereits seit November 1989 unrühmliche Tradition, Zeugnisse des Schiffbau, der Schifffahrt und der Hochseefischerei systematisch aus dem Stadtbild zu entfernen. Niemand käme auf die aberwitzige Idee, zum Gedenken an die Mauertoten einen Klettergarten an einem Grenzdenkmal zu errichten. Im übertragenem Sinn wurde an der Mauer ja auch geklettert, wie in den Masten der Schiffe. Und so, wie die Mauertoten nicht aus Spaß und Dollerei versuchten, dieses Hindernis zu überwinden, so kletterten die Matrosen nicht aus Allotria in die Masten. Das war nämlich ihre Arbeit. Die qualitativ schlechten Produkte der DDR-Farbenindustrie erforderten besonders in den Tropen ständig Instandhaltungsarbeiten. Auf Schiffen der DDR hat es über die Jahre viele Tote gegeben. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Mein Freund Manfred Adolph fiel am 3.8.1960 bei Konservierungsarbeiten auf dem MS "Berlin", einem Schwesterschiff der "Dresden", aus den Masten und verstarb, weil die Leine seines Bootsmannsstuhles brach. Er wurde in Aden beigesetzt. Das war nicht lustig. Vor dem Traditionsschiff ein Denkmal für die auf See gebliebenen Seeleute aufstellen und aus dem Schiff einen Klettergarten zu machen, das ist kontraproduktiv. Es gibt bessere Mittel und Methoden, um Besucher anzulocken. Mit freundlichem Gruß
Joachim Rudek, Rostock, 21.12.2020