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< Zurück zur ÜbersichtSportgeschichte(n) um Stralsund
Die Seniorenakademie lud erneut Dr. G. Grasmann ein, um von seinen historischen Studien über den Sport wieder etwas Neues zu erfahren. Ab 1990 beschäftigte sich der studierte Sportlehrer besonders mit der Stralsunder Sportgeschichte. Einleitend stellte er dar, dass Körperübungen Bestandteil der Menschwerdung sind, da zwischen Arbeit und Körperübungen ein enger Zusammenhang besteht. Alles, was wir tun, sind „natürliche“ Bewegungen. Weltweite Höhlenmalereien geben darüber Auskunft. Ab 776 v.d.Z. gab es die antiken olympischen Spiele, um die Gymnastik (gymnos - griech. = nackt) zu den verschiedensten Zwecken zu intensivieren. Auch im Mittelalter bis in die frühe Neuzeit (bis 1800) gab es Ritterakademien, um die sieben Behändigkeiten zu üben: Reiten, Schießen, Klettern, Fechten, Ringen, Schwimmen und Tanzen (Letzteres für die Minne). Die ersten sechs alles Übungen, um die Wehr- und Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen. In Stralsund ist schon 1451 erstmals das Schützenwesen belegt, die Schützengilde war u.a. für die Organisation der Verteidigung verantwortlich. Öffentliche Badestuben wurden eingerichtet, Eislaufen war evt. auf den Stadtteichen möglich, und Anfänge des Wassersports wurden z.B. in der Umseglung des Dänholms sichtbar. In der Entwicklung der Körperkultur nach 1800 spielten Gutsmuths (1759-1839) und Turnvater Jahn (1778-1852) eine große Rolle. Erst in den 30er Jahren des 19. Jh. wurde die 1819 verhängte Turnsperre aufgehoben, der fortschrittliche Pädagoge Diesterweg und der Arzt Dr. Lorinser setzten sich besonders für regelmäßige Körperübungen ein. 1844 wurde die Einrichtung einer Turnanstalt in Stralsund angeordnet. Das verzögerte sich allerdings bis 1884, als in der Brunnenaue eine städtische Turnhalle gebaut und ein Jahr später eröffnet wurde. Seit 1861/62 existierte nebenan ein großer Turnplatz. Seit den 50er Jahren des 19.Jh. wurde der Rielsche Saal zum Turnen im Winter genutzt. Während die Mädchen Tänze und Reigen übten, hatten die Jungen Freiübungen ohne Gerät (Gehen, Laufen, ….), Geräteübungen (Reck, Barren, Klettergerüste, …) und Gemeinübungen (Frei- und Ordnungsübungen zur Wehrhaftmachung) zu absolvieren. Nach vielen Hemmnissen nahm die sportliche Betätigung erst Ende der 50er Jahre des 19.Jh. wieder zu. Die 54 anwesenden Sportfans dankten Dr. Grasmann für seinen übersichtlichen und bildunterlegten Vortrag mit herzlichem Beifall.
Wolfgang Mengel, Stralsund, 02.11.2023