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< Zurück zur ÜbersichtDas Problem liegt tiefer
Dem Leserbrief von Siegfried Frenz aus Schwerin zu Religion und Meinungsfreiheit kann ich nur bedingt zustimmen. Als Atheist halte ich jede Religion für unwissenschaftlich und unnötig. Sie entstanden in einer Zeit, als die Menschen sich die Welt nicht anders erklären konnten, als durch Götter geschaffen und regiert. Im Namen der "richtigen Religion" wurden und werden heute noch grausame und brutale Kriege geführt. Dabei ist es nicht die Religion selber, die schuld ist, sondern deren Missbrauch durch religiöse Fanatiker, die nach Macht und Einfluss streben. Ihnen gelingt es immer wieder, Gläubige so zu radikalisieren, dass sie bereit sind, schreckliche Verbrechen im Namen ihres Gottes zu begehen. Das ist das eigentlich Gefährliche der Religionen. Andererseits ist es ein Grundfehler der westlichen Welt, ihr Verständnis von Demokratie und Recht zum Maßstab der Betrachtung anderer Völker und Kulturen zu machen. So sehr die grausamen Taten von Paris und anderswo abzulehnen sind, so ist doch die Frage zu stellen, warum diese offenen Provokationen durch die islamfeindlichen Karikaturen sein mussten? Eigentlich wollte man das unsägliche Verhalten des türkischen Staatschefs Erdogan anprangern und hat dazu die religiösen Gefühle der Moslems verletzt. Es hätte doch andere Möglichkeiten der Kritik gegeben. Das hat mit Meinungsfreiheit nichts zu tun. Religion kann man nicht abschaffen, auch nicht mit Gewalt. Sie muss sich selbst überleben, indem die Menschen klüger werden. Solange aber müssen wir mit ihr leben, jeder auf seine Weise, aber ohne Gewalt und Rechthaberei.
Karl-Heinz Fehrmann, Schwerin, 01.11.2020