Leserbriefe lesen

Meine Gedanken zum Tag der deutschen Einheit

Ich bin in Rostock geboren, hatte dort eine sehr schöne Kindheit, war in der Schule gar nicht schlecht und konnte ganz passabel kicken, obwohl ich den Durchbruch in der Hansa-Jugend nicht schaffte. Doch bekam ich mit zunehmendem Alter vermehrt Probleme, weil ich nicht bereit war, nur mit dem Strom zu schwimmen. Mein Berufswunsch Sportjournalist war als Parteiloser deshalb auch utopisch; ich wurde also wie Vadder Schlosser auf der Werft und machte dann meinen Ingenieur im Abendstudium. Dass sich mit dem 9. November 1989 das Ende der „Käfighaltung“ für uns in der DDR abzeichnete, machte mich sehr froh. Nach 32 Jahren Ostsee siedelte ich nach Bremen um, wohnte dann 32 Jahre in Achim und lernte dort viele tolle Menschen kennen, unter anderem meine Frau, eine gebürtige Bremerhavenerin, vor fast genau 33 Jahren. Ich war auch, trotz einiger Widerstände, beruflich ganz erfolgreich und hatte vor dreieinhalb Jahren Tränen in den Augen als mich die gesamte Belegschaft mit Beifall in den Ruhestand verabschiedet. Meine Frau hatte schon früh die Idee, das Rentenalter in Rostock zu verbringen, zumal uns mein Vater seine schöne Parzelle in Aussicht gestellt hatte. Seit Februar 2021 leben wir nun in dieser wunderschönen Ostsee-Metropole, genießen den Sommer im Garten und reisen um die Welt, wenn es hier kalt und düster ist. Wir haben hier tatsächlich noch neue Freunde dazu gewonnen und freuen uns, dass auch hier immer mehr Leute "Moin" sagen. Diese ganze Ost-West-Debatte geht mir gehörig auf den Nerv, denn es gibt keinen typischen Besser-Wessi und keinen typischen Jammer-Ossi! Es gibt auf beiden Seiten, nein überall, vernünftige, tolerante Menschen, auf die man sich verlassen kann und ewig nörgelnde Besserwisser, die in Wirklichkeit nichts auf die Reihe kriegen. Wir haben Freunde im Ruhrgebiet, im Spreewald, in Aurich, Ottersberg, Dummerstorf und in der Oberpfalz, in Rostock, Bremen und in Achim – und sind stolz darauf und froh darüber. Wenn jeder sich ein bisschen zurücknimmt, darauf achtet, wie es dem Nachbarn geht, die Demokratie in unserem wunderschönen Land schätzt und somit nicht radikalen Wegen folgt, gibt es auch bald kein Ost-West-Thema mehr. PS. Die Mecklenburger lieben die Sachsen bestimmt nicht über alles (auch weil sie immer dachten, der Warnemünder Strand gehört ihnen) und zwischen Niedersachsen und Bayern liegen oftmals auch Welten.

Detlef L., Rostock, 01.10.2024

Hier können Sie Ihre Leserbriefe online aufgeben

Bitte beachten Sie, dass wir uns das Recht vorbehalten, im Falle des Abdruckens in der Zeitung, Textpassagen zu kürzen oder nachträglich zu ändern.