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Opferbereitschaft

Antwort auf den Leserbrief "Zum Wohle des Volkes" vom 16.09.2022

Sehr geehrter Herr Pierrefontaine, Sie haben eine seltsame Vorstellung von der Demokratie. Menschen, die es wagen Kritik zu äußern, sind egoistisch, unsolidarisch und ohne Ihre Hilfe nicht in der Lage über den eigenen Tellerrand zu blicken. Die Politiker wurden vom Volk gewählt, werden von uns bezahlt und haben den Auftrag zum Wohl des deutschen Volkes zu regieren. Wenn die Damen und Herren lieber für ein anderes Land Politik machen möchten‚ sollte das in den entsprechenden Ländern erfolgen. Es ist unser Recht auf Missstände aufmerksam zu machen, gebrochene Wahlversprechen verschwinden nicht, wenn diese mit schönen Worten verhüllt werden. Uns geht es doch gut? Wer kein Geld für Grundnahrungsmittel hat, kann ja Hummer essen und wer die Kosten für Strom und Gas nicht zahlen kann, verbringt den Winter in der Südsee. Niemand muss Unrecht fürchten? Es ist also kein Unrecht, wenn Millionen Menschen in die Armut rutschen, wenn Betriebe schließen müssen, wenn Menschen von Obdachlosigkeit bedroht sind, wenn alte Eheleute ihre Trauringe verkaufen, weil sie die Kosten für Strom, Gas und Miete nicht bezahlen können. Jedes fünfte Kind und jeder sechste Rentner sind von Armut bedroht. Offenbar sind Sie nicht betroffen, also ist das für Sie nicht weiter schlimm. Mit welchen Recht fordern Sie noch mehr Opferbereitschaft? Was bitte sollen Menschen, die mit den Rücken zur Wand stehen, noch opfern? Was opfern Sie denn so, außer gestelzte Worthülsen? Wenn Ihn­en die Milliarden für die Ukraine zu wenig sind, können Sie unbegrenzt spenden. Wenn ich über meinen Tellerrand blicke, sehe ich Kinder bei der Arche, lange Schlangen vor der Tafel, Millionen Menschen, die ohne eigene Schuld zum Sozialfall werden und Menschen die Pfandflaschen suchen.

Elke Helms, Warnemünde , 12.10.2022

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