Leserbrief »Lockdown und Konsorten«, BLITZ vom 7. Juni.
Anfang der 50er-Jahre fragte mich meine Mutter, was ich für ein Kauderwelsch sprechen würde; heute weiß ich, was sie meinte und sie würde sich im Grab umdrehen, wenn sie das heutige »Deutsch« hören würde.
Herrn Ringel stimme ich in allen Punkten zu, doch ich möchte einige Aspekte hinzufügen.
Der »Deutsche« ist heute nicht mehr stolz auf seine Muttersprache. Er brüstet sich, wenn er Worte und Redewendungen aus anderen Sprachen verwendet. So kann man keine Zeitung, kein Fernsehprogramm lesen, ohne den Duden oder Fremdwörterbücher zur Hand zu haben. Und wenn man sich bemüht, den Begriffen einen Sinn zu geben, so ist man oft enttäuscht über die unverständliche Sprache. Deutsche Schlager sind äußerst selten, denn der Text von dem Songwriter wird nur noch als Ton eines »Instrumentes« wahrgenommen. Ob der Singer eine Fabel erzählt oder ein politisches – vielleicht aus diskriminierendes – Lied darbietet, bleibt ein Geheimnis. Man kann auch kein Verständnis dafür haben, wenn sich Politiker und Geschäftsleute mit dem Gebrauch von Fremdwörtern förmlich anbiedern. Als im Rahmen der Corona-Lockerungen die Geschäfte wieder öffneten, war zu lesen: »We are open, come in!«, obwohl ausländische Touristen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht einreisen durften.
Selbstverständlich prägt die Wissenschaft im Zuge ihrer rasanten Entwicklung neue definierte Begriffe, diese sind zu akzeptieren.
Auch die Wende hat diesbezüglich ihr Unwesen getrieben. Es gibt keine Gartenlokale mehr, sondern Biergärten; es gibt keinen Fleischer mehr, sondern Metzger. Und die Ämter stehen nicht abseits, so sind Neubauviertel heute Quartiere und die Straßennamen sind zumeist »Lehnwörter«. Das mag daran liegen, dass viele Beamte »Einwanderer« sind.
Schließlich möchte ich auf den Abkürzungsfimmel verweisen. Für Firmen und Institutionen mag er berechtigt sein, doch wenn mich jemand »AKK« nennen würde, wäre ich zutiefst beleidigt!
Vielleicht ist die Zeit dafür reif, als Amtssprache Kauderwelsch einzuführen und Deutsch als erste Fremdsprache zu benennen. Unabhängig von diesem Gedanken sollten die Medien sich die Aufgabe stellen, Begriffe des Kauderwelsch (circa zehn) zur gleichen Zeit am gleichen Ort zu erläutern. So wie ich auf mein tägliches Sudoku warte, würde ich dann auf das Kauderwelsch-Lexikon warten, um die Zeit der Globalisierung vielleicht besser zu verstehen. Übrigens gibt es Länder, die eine solche Schluderei mit ihrer Muttersprache nicht dulden.