In die Bewertung des gegenwärtigen Verhältnisses zwischen Russland und der Ukraine und weiterführend zwischen Russland und den USA, der EU und der Nato sollten m: E. auch historische Aspekte mit einbezogen werden.
In den vergangenen zwei Jahrhunderten fielen dreimal bis an die Zähne bewaffnete Truppenverbände aus westeuropäischen Ländern in Russland ein. Sie wurden angeführt von 1812 Napoleon I, 1914 – 1918 von Wilhelm II und 1941 – 1945 von Adolf Hitler. Die drei Kriege wurden nicht von Russland angezettelt. Welches Leid sie Russland und auch den angreifenden Staaten brachten, darüber möchte ich hier nicht schreiben.
Am 25. September 2001 sprach der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, oft von Beifall unterbrochen, vor dem Deutschen Bundestag. Er wies in seiner Rede mehrfach auf die historischen Gemeinsamkeiten zwischen dem russischen und dem deutschen Volk hin. Er warb für ein gemeinsames Europa, zu dem gerade Russland mit seinen Menschen, seinen Naturressourcen und seinem Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzial erheblich beitragen könnte.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages verabschiedeten Wladimir Putin mit stehenden Ovationen.
Die von Wladimir ausgestreckte und vom Bundestag mit stürmischer Zustimmung bejubelte Hand wurde von unserer Regierung ignoriert.
Dagegen schreibt der Altkanzler Helmut Schmidt im Vorwort zum Buch „Mein Leutnant“ von Daniil Granin „Russland ist der größte Partner und der mächtigste Nachbar in Europa. Ohne Russland kann es in Europa keinen Frieden geben.“ Gegenseitige Armeestationierungen in Grenznähe bringen keine friedliche Lösung für vorhandene Meinungsverschiedenheiten.
Könnte es sein, dass in den Köpfen führender Politiker und Militärs der westlichen Welt die Ängste von Wilhelm II vor Sozialismus, gelber Gefahr, slawischer Flut und unvermeidlichen Gegensatz von Slawen und Germanen immer noch nicht ausgeräumt sind?
Ich denke Sanktionen und Säbelgerassel bringen keine Lösung in die gegenwärtigen Beziehungen. In diesen Tagen finden wieder Gespräche auf höchsten Ebenen zwischen Russland, der EU und den USA statt. Sie sollten geprägt sein von Dialogbereitschaft und warum nicht auch von einem Angebot an Russland, der Europäischen Union beizutreten.