Liebe L.,
ich schreibe dir aus der Zukunft;
Die Straßen sind leer, Gesichter verschlossen.
die Läden von damals sind nun nicht mehr ,
man grüßt sich aus der Fern‘ und verabschiedet sich dort sogleich.
Die rosige Haut verblasst in weißen Protektoren
und alle laufen wie gesteuert, als haben sie jeden Sinn für Freiheit verloren.
Auch die Luft ist Alkoholverpestet
und überall wird fleißig hier getestet,
denn nach draußen darf man nur noch ausnahmsweise
und begegnet man anderen auf der Reise,
muss man sich unverzüglich untersuchen lassen.
Den Weihnachtsmarkt ziert nur noch drei Stände,
auf den Größten in der Mitte steht
„Frohe Weihnachten, waschen Sie sich die Hände!“.
Vor unserer Bar steht ein Schild „Nur für 2G+“.
Und Masken schwimmen im kalten Fluss.
Gegenüber werden die Unwilligen „erzogen“.
So wird jeder wohl hier umgebogen…
Ich fühle mich unwohl, fast befremden,
wie gehörig, wie verblenden,
wie marode zum trotzdem guten Schein.
Fühle mich so anders, fühle mich allein,
wünsche mir einen, der mein Herz mir wieder füllt,
doch kann nicht mehr lieben, weil’s Antlitz verhüllt…