Die schlimmen Taten von Hanau sind weder Zufall, noch sind sie einfach „vom Himmel gefallen“. Die Verharmlosung, es handele sich doch um einen „psychisch kranken Täter“, verdrängt die einfache Tatsache, dass die Morde einen rassistischen Hintergrund haben. Wer sich permanent einseitig selbst manipuliert, wer sich ausschließlich in selbstgewählten Echokammern von Verschwörungstheorien aufhält, die durch nichts und niemanden irritiert werden können, ist für dieses Verhalten und die sich daraus (zwangsläufig) ergebende Gesinnung (mit) verantwortlich. Heute werden – wohlkalkuliert im politischen Raum – Begriffe wie Rasse, Volk und Heimat (wieder) nationalistisch aufgeladen. Menschenrechte und Menschenwürde können allerdings nicht absolut begründet werden von Begrifflichkeiten, die unterscheiden, die ausschließlich die eigene Gruppe oder das eigene Volk meinen. Übersteigerter Nationalismus wird zudem mit Ressentiments gegenüber anderen Völkern verbunden. Die marxistische Lehre ist eine utopische Gesellschaftsdoktrin, die nicht in der Lage ist, hinreichend auf grundlegende Ängste und Sorgen der Menschen zu antworten. Allerdings sind wesentliche Teile marxistischer Geschichtsanalyse durchaus bedenkenswert. Gesellschaftliche Konflikte sind wesentlich Klassenkonflikte, so verkündet es Marx. Sie basieren auf unterschiedlichen Interessen der jeweiligen Klassen. Mir scheint, dass der heutzutage fröhlich Urständ‘ feiernde, überbordende Nationalismus (nicht nur in Deutschland) genau diese einfache Wahrheit verschleiern oder von ihr ablenken will. Die Frage stellt sich, in wessen Interessen dies liegt.
Rudolf Hubert