Wir wohnen an der Ostseeküste im deutschen Urlaubsland Nr. 1 und nur 9 km vom bekanntesten Seebad dieses Urlaubslandes entfernt und das auch, wenn im Land mal wieder Schulferien sind.
In einer urigen Gaststätte am Strom in Warnemünde braucht kein dort zubereiteter Fisch sich grämen, dass er einem Fischer ins Netz gegangen ist. Er schmeckt und ist bezahlbar. Die Bedienung bedient und stellt nicht nur hin.
Wir bekamen in der Nähe zwar einen Parkplatz, aber leider keinen in dem Lokal. Winterferien, am „Alten Strom“ prominierten in den feuchten windigen Nachwehen von Sturmtief Sabine die Feriengäste. Wir rückten ersatzweise in dieser Urlauberkernzone in die nächste gefühlt recht noble Bewirtung ein. „Ersatzweise“ in der Tat. Na gut, ein Bier schmeckt immer gleich, egal ob das Etikett am Glas vor dem Gast nach Norden oder Süden zeigt, auch der Fisch auf dem Teller verändert nicht seinen Geschmack, wenn er mit „herkömmlichen“, statt mit Fischbesteck verzehrt wird, eigentlich auch nicht, wenn die jobbende Studentin mit Straßenstiefeln in Jeanshosen alles hinstellt.
Na gut, aber 100 Gramm Zander mit Kartoffelbrei und etwas Grünem kosten 23 €. Der Zander mit einem verkauften Kilopreis von 200 € lief leicht rötlich an, ich denke mal, der schämte sich ein wenig.
Zu Sandras irischem Rinderrippen zum gleichen Preis wurden zwei Mischbrotscheiben gereicht, geschmacklich angepasst, weil das wohl die Lieblingsleckerlis des Rindes waren. Das dazu bestellte Bier, egal ob es als Schöfferhofer Weizen von 800 km herbeigeschafft wurde oder als Rostocker Pilsner gleich nebenan gebraut wird, wird zum Halbliterpreis für 5,40 € hingestellt. Die Tasse Kaffee für 3,90, ein 0,25 L Selterwasser für 2,90 und wer an 0,2 L Merlot-Wein nippen möchte, der gönnt sich das für 7,50 €.
Erst als durch Regierungsentscheid Unternehmer gezwungen sind, ihren Bediensteten auch mindestens etwas zu bezahlen, schmälert das auch sehr schmerzhaft die Gewinnoptimierung der in Meck-Pom nachwendischen eingerückten Großgastronomen.
Jetzt bezahlen sie unter anderem auch dem Gaststättenpersonal akzeptable Löhne, nur … Fachkräfte, die ihren Job gelernt haben, die den Gast bedienen, ein Essen servieren, statt es nur hinzustellen, erledigen das zum überwiegenden Teil unter anderem auf Sylt, in Kitzbühl oder auch in Arosa.
Junge, ausgebildete Fachkräfte sind gewinnoptimierend außer Landes getrieben worden. Das Meck-Pomsche Hotel- und Gaststättenwesen sucht jetzt händeringend Personal, die vorher Vergraulten kommen nicht wieder zurück!
Somit stellt halt abends die jobbende Studentin dem Gast seine Bestellung auf den Tisch und, wie es uns, eingeladen in einer Altstadt-Szenenkneipe widerfuhr, die Flasche teuren „Chateauneuf du Pape“ auch mal eben auf den Fußboden, um die Hände frei zu bekommen.
Im (noch) Urlaubsland Nr. 1 unbeleckt die gehobene “Gastronomie“ zu beehren, kann einen Urlaubstag ziemlich versauen. Allerdings könnte man dann mit zwei Flaschen geschlossenem Kaufhallen-Wein den preislichen Ärger hinunter spülen, den man zu gleichem Preis mit einem 0,2 L „Stamperle“ gastronomisch gehoben hingestellt bekam.