Am 3. Juli 2020 erschien dazu eine Leserzuschrift von Herrn Willi Behnick, die aber leider aufgrund der zahlreichen Zuschriften zur Maskenpflicht zu wenig Aufmerksamkeit erhielt. Ich möchte dieses Thema nochmal aufgreifen, weil ich meine, dass man sich schon damit auseinandersetzen sollte.
Auch ich war von der Aussage unseres Bundestagspräsidenten überrascht, als er zur Nebentätigkeit von Herrn Amthor äußerte, dass er nicht erkennen könne, dass sich dieser an irgendeine der geltende Regelungen nicht gehalten hätte.
Vielleicht hätte er doch noch einmal ins Abgeordnetengesetz Paragraf 44a geschaut, dort steht nämlich:
Ausübung des Mandats
(1) 1Die Ausübung des Mandats steht im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages.
2 Unbeschadet dieser Verpflichtung bleiben Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat grundsätzlich zulässig.
(2)1 Für die Ausübung des Mandats darf ein Mitglied des Bundestages keine anderen als die gesetzlich vorgesehenen Zuwendungen oder andere Vermögensvorteile annehmen.
2 Unzulässig ist insbesondere die Annahme von Geld oder von geldwerten Zuwendungen, die nur deshalb gewährt werden, weil dafür die Vertretung und Durchsetzung der Interessen des Leistenden im Bundestag erwartet wird.
Wenn sich also ein Abgeordneter im Bundestag für eine ausländische Firma verwendet, von der er auch noch Zuwendungen bekommt, dann geschieht das mit einer gewissen Erwartungshaltung, was sonst. Und dann ist die Annahme von Zuwendungen unzulässig. Da gibt es auch nichts schön zu reden.
Ich finde sowieso, dass sich über die Jahre bei einigen Abgeordneten des Bundestages Gewohnheiten ausgeprägt haben, die zwar zulässig sind, bei denen man sich aber fragen muss, ob hier das Verhältnis der Abgeordnetentätigkeit als Hauptaufgabe gegenüber der entgeltlichen Nebentätigkeit noch gewahrt ist. Wenn Abgeordnete durch ihre Nebentätigkeiten ähnliche oder gar höhere Einkünfte erwirtschaften, als mit ihrer hauptamtlichen Abgeordnetentätigkeit, dann haben sich hier eindeutig die Relationen verschoben und man sollte überprüfen, ob sie ihre eigentlichen Aufgaben, für die sie in den Bundestag gewählt wurden und für die sie auch recht gut bezahlt werden, noch erfüllen können. Betrachtet man die Nebenverdienste mancher Abgeordneten, dann kann man schon ins Grübeln kommen, wie das wohl alles zu schaffen ist.
Gut, Paragraf 44a Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes bestimmt zwar, dass Nebentätigkeiten grundsätzlich zulässig sind, aber es besagt auch, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt des Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages zu stehen hat.
Ich möchte auch daran erinnern, dass das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem sogenannten Diäten-Urteil vom 5. November 1975 (BVerfGE 40, S. 296 ff) festgestellt hat, dass das Abgeordnetenmandat zu einem „full-time-job“ geworden sei. Dementsprechend wurde auch die Höhe der Entschädigung der Bedeutung des Mandats und der damit verbundenen höheren Verantwortung und Belastung angepasst und bei der Verabschiedung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 1977 mit berücksichtigt.
Deshalb gehören eigentlich die Nebenverdienste unserer Abgeordneten entweder abgeschafft oder sie sind so zu begrenzen, dass sich unsere Abgeordneten wieder voll und ganz auf ihr Mandat im Bundestag, für das sie gewählt wurden, konzentrieren können. (full-time-job)
Wenn sich jemand für ein Mandat im Bundestag zur Wahl stellt und gewählt wird, dann weiß er, was auf ihn zukommt, aber dann können seine Wähler auch erwarten, dass der Abgeordnete im Bundestag anwesend ist und dort im Sinne seiner Wahlversprechen die Interessen der Bürger vertritt und dass er nicht die Zeit für „andere berufliche Tätigkeiten“, die nichts mit seinem Mandat zu tun haben, nutzt.
Diese großzügige Regelung zu Nebenverdiensten, wie sie hier im Bundestag herrscht, gibt es nur dort, wo man sich selbst seine Regeln schaffen kann. Und dabei denke ich auch an die „automatische“ jährliche Diätenanpassung. (aufgrund Corona in diesem Jahr ausnahmsweise nicht) Welcher Ottonormalverdiener kann schon behaupten, dass er in seinem Job jährlich eine Gehaltserhöhung bekommt, über die Höhe ganz zu schweigen.
Immer wieder fallen einem die spärlich besetzten Reihen im Plenarsaal ins Auge, wenn die Medien über Sitzungen berichten. Und dann ist es doch immer wieder eine Überraschung, wenn man hört, wie viele Teilnehmer anwesend waren, denn man hat das Gefühl, dass die alle dort gesessen haben müssen, wo die Kamera gerade nicht aufgenommen hat. Und das ist nicht nur in Corona-Zeiten so.
Unsere Abgeordneten haben sehr gute Bezüge und viele Vergünstigungen und auch nach ihrer Abgeordnetentätigkeit eine gute Versorgung mit einem auskömmlichen Übergangsgeld, das den beruflichen Wiedereinstieg erleichtern soll. Ich glaube nicht, dass auch nur einer von ihnen Angst vor der Zukunft haben muss, selbst wenn der Nebenverdienst gestrichen würde.
Mehr noch, es gibt überhaupt keine Begründung dafür, wieso eigentlich Nebenverdienste für unsere Abgeordneten erlaubt sind. Alle sind sehr gut versorgt.